Obst und Gemüse in Not

Da liegt sie – die wunderschöne rote Erdbeere. Mit einer Größe von etwa 1,5 cm. Sie duftet herrlich süß und lädt sofort zum Essen ein. Doch sie ist nicht gut genug. Nicht gut genug für den Einzelhandel: Sie ist 0,3 cm zu klein.

Da liegt sie – die wunderschöne rote Erdbeere. Mit einer kleinen hellgrünen Stelle oben. Sie duftet herrlich süß und lädt sofort zum Essen ein. Doch sie ist nicht gut genug. Nicht gut genug für den Einzelhandel: Sie sieht nicht perfekt aus.

Die Vorgaben für Obst und Gemüse werden immer heftiger und die Anforderungen des Lebensmitteleinzelhandels steigen permanent. ‚Krumme Dinger‘, zu kleine oder zu große Früchte, zu unförmige oder jene, die nicht die perfekte Farbe oder Form haben bleiben direkt auf dem Feld. Sie schmecken genauso wie alle anderen, enthalten ebenso viele Vitamine und Mineralstoffe – nur entsprechen sie mit ihrem Aussehen nicht den Anforderungen.

Bis zu 20 Prozent der Früchte bleiben auf dem Acker. Sie werden untergepflügt oder landen in der Biogasanlage. 2018 wurden in Deutschland etwa 142.000 Tonnen Erdbeeren geerntet. 20 Prozent entsprächen hier also fast 30.000 Tonnen Erdbeeren. Lt. Ökotest Magazin 5/2020 hat die Wissenschaftlerin Dr. Sabine Ludwig-Ohm eine Studie zum Thema ‚Verlust bei verschiedenen Obst- und Gemüseproduktion auf dem Feld‘ durchgeführt und kam so zu den Ergebnissen.

Im Bericht des Öko-Test-Magazins 05/2020 wird mir noch einmal bewusst, wie wichtig es ist, dass wir als Verbraucher etwas ändern. Wir müssen dringend unseren Konsum und unser Kaufverhalten ändern.

Besonders erschreckend zu lesen ist, dass es für die Landwirte günstiger ist, die nicht für den Handel geeigneten Erdbeeren auf dem Feld vergammeln zu lassen, anstatt sie pflücken zu lassen. Man würde meinen, sie sind ideal für Joghurt oder Marmelade, jedoch kaufen Marmeladen-Hersteller die Früchte lieber in Polen, der Ukraine, in Serbien, Marokko oder Spanien, wo sie deutlich weniger dafür zahlen müssen. Warum? Weil dort die Lohnkosten erheblich niedriger sind. Unter welch schrecklichen Bedingungen die Arbeiter/innen dort schuften, hatte ich bereits in meinem Blogbeitrag im letzten Jahr geschrieben. Auch in der Ökotest-Zeitschrift von diesem Jahr wird das Thema Vergewaltigung und Demütigungen wieder angebracht. Schau dir dazu den Bericht ‚Vergewaltigt auf Europas Feldern‘ an.

Wie sehr auch die Natur unter der Monokultur leidet und welche weiteren illegalen Handlungen vollzogen werden, kannst du in meinem Beitrag vom Februar 2019 lesen.

Im Test ‚Erdbeer-Fruchtaufstriche und -Konfitüren‘ 05/2020 wird nochmal deutlich, wie viel Zucker tatsächlich in der Erdbeermarmelade steckt, dass auch vor Pestiziden kein Halt gemacht wird und dass von 20 Herstellern nur ein einziger deutsche Erdbeeren verwendet.

Die Macht der Verbraucher ist größer als alles andere. Wir entscheiden mit unserem Kaufverhalten, was oder wen wir unterstützen.  

Vorne die Saat und im Hintergrund die Schoten. Die ersten süßen Erbsen haben wir direkt genascht.

Was also können wir alle tun?

  • Selbst anbauen. Das gilt nicht nur für Erdbeeren. Egal ob großer Garten oder kleiner Balkon: überall findet sich ein Plätzchen für selbst gezogenes Obst oder Gemüse. Probiere es aus! Es macht Spaß, macht dich unheimlich stolz, wenn du siehst, dass aus einem winzigen Saatkorn in wenigen Wochen eine vergleichsweise riesige Pflanze wird und dich mit leckeren Früchten ohne Pestizide belohnt.
  • Direkt beim Erzeuger kaufen. Großeinkauf beim Bauern oder auf dem Wochenmarkt – so bezahlst du nicht etliche Zwischenhändler und wirst mit deutlich frischeren Lebensmitteln belohnt. Zudem unterstützt du die Erzeuger: Nicht nur finanziell, sondern würdigst auch die monatelange harte Arbeit. Außerdem kannst du dich über die Herstellung genauestens informieren.
  • Wähle die krummen Dinger. Im Einzelhandel wirst du sie kaum finden. Sprich den Marktleiter darauf an! Gemüse und Obst, welches nicht optisch den Anforderungen entspricht, hat nämlich genauso viel Vitamine und Mineralstoffe und ist somit ebenso wertvoll für uns!
  • Saisonal aus Deutschland kaufen. Frühe Erdbeeren aus Spanien beispielsweise sind im Test letztes Jahr komplett durchgefallen. Pestizide und Herbizide – wer möchte so etwas schon essen? Hab‘ Geduld und warte auf das heimische Obst und Gemüse. Du wirst mit besserem Geschmack belohnt und hilfst dabei, weniger auf den Äckern vergammeln zu lassen!
  • Selbst pflücken! Das wird gerade bei Erdbeeren oft angeboten. Auch so unterstützt du die Erzeuger vor Ort und zahlst sogar weniger, als würdest du die Früchte im Einzelhandel kaufen.
  • Marmelade selbst kochen. So hast du auch den Zucker im Blick. ? Es gibt so leckere Rezepte, die ganz ohne Industriezucker auskommen und unglaublich köstlich schmecken! Zum Beispiel 100g reife geputzte Früchte pürieren und mit 1 EL Chiasamen mischen. Im sauberen und gut verschlossenen Glas mindestens 2 Stunden quellen lassen – fertig! Ein guter Spritzer Zitrone sorgt dafür, dass die Farbe der Früchte leuchtend bleibt. Super gesund, nicht zu süß und super lecker! Hält sich im Kühlschrank bis zu vier Tage.
  • Ehrlich einkaufen. Bio ist zwar etwas teurer, aber das hat auch seinen Grund: Das Obst und Gemüse wird ohne Pestizide angebaut und nicht intensiv mit synthetischen Mitteln gedüngt. So ist der Ertrag zwar geringer, aber hochwertiger.

Mit diesen Tipps schonst du die Umwelt, ernährst dich gesünder, unterstützt regionale Erzeuger, hilfst den Insekten und lernst noch eine Menge. Worauf wartest du? Ab in den Biomarkt, Saatgut oder vorgezogene Pflanzen kaufen und los geht’s ?

Quelle: Ökotest Ausgabe 05/2020

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