Wir nutzen es täglich und mehrfach. Wir nutzen es in der Küche, im Büro, in der Schule und auf dem Klo. Es ist heute so selbstverständlich für uns, dass wir vergessen, wie wertvoll es ist: Papier.
Stell dir nur mal einen einzigen Tag vor, an dem du kein Papier zur Verfügung hast. Es fängt morgens auf der Toilette an. Ganz schön ungewohnt, das große Geschäft ohne Papier abzuschließen, oder?
Zeitung, Einkaufszettel, Rechnung, Vertrag, Taschentuch, Zeitschrift, Verpackung, Buch, Küchenrolle, Umzugs- oder Versand-Karton – wir sind uns des immensen Verbrauchs gar nicht so wirklich bewusst. Und das wird uns zum Verhängnis, denn Papier wird aus Fasern gewonnen, die von Bäumen stammen. Ohne Baum kein Mensch. Wir brauchen Bäume, wir brauchen Wälder!
In einem Bericht vom 05.10.2019 schrieb Welt.de, dass Deutschland Spitzenreiter aller Industrie- und Schwellenländer der G 20 im Papierverbrauch sei! Selbst die USA liegen im Pro-Kopf-Verbrauch hinter Deutschland. Die Ursache dieser Entwicklung sei die starke Zunahme des Online-Handels.
Die Broschüre ‚Papier – Wald und Klima schützen‘ fasst anschaulich zusammen, welche Probleme es gibt und wie wir sie gemeinsam lösen können. Nachfolgende Infos aus der Broschüre könnt ihr ausführlich selbst nachlesen. Ich möchte jedoch einige Fakten kurz zusammenfassen.
Hätte China den gleichen Pro-Kopf-Verbrauch wie Deutschland, würde es die gesamte Weltproduktion an Papier verschlingen. Selbst, wenn wir heute unseren Verbrauch von etwa 250 kg pro Kopf pro Jahr halbierten, kämen wir nicht auf ein ‚faires Soll‘. Über 60 % der globalen Bevölkerung stehen gerade mal 20 Kilo zur Verfügung, während 15% (dazu gehören auch wir) mehr als 125 kg verbrauchen. Auf diese 15% entfällt über die Hälfte der globalen Papierproduktion!
Papier und Klimaschutz
Jeder fünfte Baum, der auf der Welt gefällt wird, landet in der Papierherstellung. Bezieht man sich nur auf das industriell genutzte Holz und nicht auf Brennholz, geraten rund 40% aller gefällten Bäume in die Papierindustrie. Bäume und Wälder sind jedoch (über-) lebenswichtig für uns alle. Sie sind höchst komplexe Ökosysteme, sie stabilisieren das Erdklima, binden CO2, setzen Sauerstoff frei, filtern Schadstoffe aus der Luft und regulieren den Wasserhaushalt. Etwa zwei Drittel aller Tier- und Pflanzenarten leben im Wald. Weltweit leben noch etwa 300 Millionen Menschen im und vom Wald. Da sie jedoch keine offiziellen Besitzurkunden haben, werden sie oft gewaltsam von ihrem Land vertrieben.
Papier in Deutschland
Wir importieren fast 80 % des Zellstoffs für unsere Papierproduktion hierzulande. Den Großteil bekommen wir aus Schweden und Finnland. Doch auch Zellstoffe aus Ur- und Regenwäldern Russlands, Kanadas und Südamerikas landen in der deutschen Produktion. Auch, wenn wir glauben, dass wir nicht direkt an der Abholzung beteiligt sind, erreichen uns Produkte wie zum Beispiel Bücher, die -gedruckt in China- nach Deutschland importiert werden. Und China importiert Holz aus Indonesien, wo Urwald gerodet wird. Unzählige Tier- und Pflanzenarten sind vom Aussterben bedroht, weil die Abholzung nicht verhindert wird.
Papierherstellung
Holz besteht knapp zur Hälfte aus Zellulosefasern. Mit hohem Energie- und Wasser-Aufwand werden die einzelnen Fasern aus dem Holz herausgelöst. Um Zellstoff zu gewinnen, werden Holzhackschnitzel mit Lösungsmitteln mehrere Stunden bei 190 Grad gekocht. Später wird der Zellstoff- oder Altpapierbrei (99:1 mit Wasser verdünnt) auf ein umlaufendes Siebband gesprüht und so entsteht die Papierbahn. Überschüssiges Wasser wird durch Walzen herausgepresst und durch dampfbeheizte Zylinder bis auf wenige Prozent verdunstet. Zum Glätten der Oberfläche fahren die Papierbahnen durch Stahlwalzen.
- Schritt: weniger Papier nutzen
- Schritt: Recycling-Papier nutzen
Um den (Ur-)Wald zu schützen, ist es oberste Priorität, die Papierfasern mehrfach zu nutzen. Nach neuen Untersuchungen ist das Recyclen bis zu 25 Mal möglich und erhöht somit den Lebenszyklus von Holz immens! Wird Altpapier wieder zu neuem Papier aufbereitet, verbleibt das Holz im Wald oder steht für andere Nutzungen zur Verfügung. Außerdem bietet es noch einen wesentlichen Vorteil: gegenüber dem Primärfaserpapier spart Recyclingpapier bis zu 60 % Energie und bis zu 70 % Wasser. Es verursacht deutlich weniger CO², verringert Abfall und Emissionen!
Achte beim Kauf immer auf dieses Siegel:
Der Blaue Engel ist das älteste Umweltzeichen der Welt und steht für hohe Vorgaben bei Ökologie, Gesundheitsschutz sowie Gebrauchstauglichkeit der Produkte. FSC Mix – Papiere sind hingegen in der Regel reine Primärfaserpapiere und schlagen mit einem hohen Chemiekalien-Einsatz, Abwasserbelastung, CO²-Ausstoß sowie Energie- und Wasserverbrauch deutlich zu Buche.
Den Wald erhalten und Aufforsten ist für uns lebensnotwendig, wenn wir gegen die Erderwärmung kämpfen wollen. Bäume speichern CO². Recyclingpapier ist also aktiver Klimaschutz!
So kannst du den Wald retten
- Broschüre ‚Papier – Wald und Klima schützen‘ teilen
- Pro Paket Recycling-Papier (500 Blatt) sparst du 5,5 kg Holz gegenüber Primärfaserpapier
- Toiletten-Papier mit dem Blauen Engel kaufen
- Vermeide so oft es geht Hygiene-Papiere wie Papiertaschentuch oder Küchenrolle und entscheide dich auch hier ausschließlich für Recycling-Produkte
- bestelle jegliche Werbung wie Kataloge, Prospekte oder kostenlose Zeitungen aktiv ab und versieh‘ deinen Briefkasten mit dem Hinweis: ‚Bitte keine Werbung (und keine kostenlose Zeitungen)‘
- Kopiere doppelseitig und drucke nur aus, was du WIRKLICH brauchst!
- Lade dir die Schriftart Ryman Eco runter, um gleichzeitig 33% Tinte zu sparen
- Versende Briefe elektronisch über www.epost.de
- Vermeide Verpackungsmüll. Du kannst zum Beispiel von der Büroklammer über Möbel und Kaffee bis hin zur Kleidung den umweltfreundlichen Versand von memo nutzen. Wir haben dort schon oft gekauft und gerne die wieder verwendbaren memo-Plastikboxen gewählt, in denen wir auch altes Büromaterial wie leere Druckerpatronen oder Textmarker zurückschicken konnten. Auch zwei alte Mobiltelefone konnten wir dort loswerden zum Recycling. Schau unbedingt mal rein!
- Liebe Lehrer/innen: ihr sucht das perfekte Unterrichtsmaterial zum Thema Papier? Schaut mal hier.
Eigentlich ist es total easy, sich umweltfreundlicher zu verhalten – oder? Welche Tipps hast du noch parat, um den Wald zu schützen?
Ich habe im letzten Jahr das Verlagshaus in Syke besucht und die riesigen Papierrollen gesehen, die aus Kanada importiert wurden. Auf die Frage, warum kein recyceltes Papier für die Zeitungsherstellung verwendet wird, sagte man uns, dass neues Papier billiger wäre als das Altpapier.
Warum wird das recycelte Papier in diesem Fall vom Staat nicht subventioniert oder das neue Papier über entsprechende Steuern verteuert? Welche Patei hat das in ihrem Programm und warum wird nicht gesetzlich vorgeschrieben, dass der von uns erzeugte Plastikmüll in Deutschland recycelt wird und nicht exportiert werden darf?
Die EU will mit vier Staaten Südamerikas das Mercorsur Freihandelsabkommen abschließen. Der Luxemburger Jean Hasselborn mahnt, dass die Südamerikaner, also auch die Brasilianer, sich in dem Abkommen verpflichten müssen, die Abholzung des Regenwaldes zu stoppen. Mal sehen, ob die EU das hinbekommt. Ich habe daran meine Zweifel.
Oh wow, das wussten wir gar nicht. 🙁 Also, dass Altpapier angeblich teurer ist. Vielleicht kann die Umweltwissenschaftlerin Evelyn Schönheit was dazu sagen. Danke für den Hinweis!
Und ja – deine Zweifel teilen wir. Leider. Bisher hat die EU es noch nicht geschafft, die Vorsätze gerade zum Thema Klimakrise umzusetzen.
Zunächst einmal: Die Preise für Altpapier sind höchst „volatil“, wie es im Fachjargon heißt, also sehr unbeständig, schwankend. So titelten Zeitungen noch zu Jahresbeginn „Altpapierpreise im Sinkflug“, verursacht vor allem durch den massiven Importrückgang seitens China sowie anderer asiatischer Länder, die nur noch eine begrenzte Menge Fremdstoffe im Altpapier akzeptieren. Inzwischen kam es wieder zu Preissteigerungen, insbesondere weil der Verbrauch von Verpackungspapieren stetig steigt.
Als wesentliches Problem sehen wir vom Forum Ökologie & Papier die viel zu niedrigen Zellstoff- also Primärfaserpreise auf dem Weltmarkt. Hier geht es – wie bei den meisten anderen Rohstoffen auch – um eine bislang fehlende Internalisierung externer Kosten. Das bedeutet, die Folgeschäden für Natur, Umwelt, Arten und Klima ebenso wie für die lokale und indigene Bevölkerung in den Herkunftsländern von Holz und Zellstoff für unseren Papierverbrauch sind zumeist nicht eingerechnet. Zellstoff importieren wir zum Großteil aus Südamerika, dort sind Umwelttauflagen in der Regel sehr niedrig, Land- und Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung und Arbeitskräfte z. B. auf industriellen Baumplantagen sehr schlecht bezahlt. Die Politik muss hier dringend für hohe Standards im globalen Maßstab sorgen, damit Rohstoffpreise künftig die ökologische und soziale Wahrheit abbilden.