Ist es das wirklich? Ist ein Lebensmittel plötzlich ungenießbar, weil ein aufgedrucktes Datum dafür sorgt, dass wir so denken? Das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) wird leider noch viel zu oft verwechselt mit ‚ab heute schlecht‘. Unsere gut ausgeprägten Sinne können uns nämlich sagen, ob ein Lebensmittel ungenießbar ist oder nicht.
Etwa ein Drittel aller weltweit erzeugten Lebensmittel wird nicht verzehrt, sondern weggeworfen. Die Verschwendung ist ein großes ethisches Problem – und sie belastet die Umwelt. Denn weltweit hungern mehr als 900 Millionen Menschen. Zudem werden für Herstellung und Transport der nicht genutzten Lebensmittel unnötig Energie, Wasser und Flächen beansprucht sowie Dünge- und Pflanzenschutzmittel verwendet. Dabei werden Treibhausgasemissionen in Höhe von mehr als drei Gigatonnen verursacht.
https://www.umwelt-im-unterricht.de/hintergrund/ursachen-und-folgen-von-lebensmittelverschwendung/
Mit unseren Augen sehen wir, ob sich ggf. ein Pilz gebildet hat und mit unserer Nase können wir ein ungenießbares Produkt auch erkennen – vertraut euren Sinnen. Und wenn es noch gut aussieht und unverändert riecht, hilft uns unser Geschmackssinn. Wenn beim Probieren alles ‚normal‘ schmeckt, nicht unverändert aussieht oder riecht: lasst es euch schmecken! Selbst Joghurts haben wir früher noch viele Wochen später gegessen. Da hat man übrigens gesehen, wenn es zu spät zum Essen war, weil wir ihn in der hinterletzten Ecke im Kühlschrank vergessen hatten: der Deckel wölbte sich nach oben. Logisch, dass wir da nicht mehr riechen brauchten ?
Schrumpeliges Gemüse ist nichts für die Tonne – es eignet sich hervorragend für Suppen, als Pizzabelag, Pfannengemüse oder Ofengemüse. Aus sehr reifem Obst kann man die leckersten Smoothies zubereiten oder köstliche Eiscreme. Auch trockene Lebensmittel wie Nudeln, Reis, Hülsenfrüchte, Zucker, Mehl usw. sind nahezu ewig haltbar, wenn sie gut verschlossen sind. Natürlich sind leicht verderbliche tierische Produkte hiervon ausgeschlossen ?
Leider gelangen auch viele Lebensmittel gar nicht erst in den Handel, weil sie nicht einer bestimmten Norm entsprechen. Wenn Größe und Form von der Norm abweichen, sind Lebensmittel praktisch für die Tonne. Leider. Jedoch haben wir Verbraucher es in der Hand, denn wir entscheiden, wo wir unser Geld lassen. Muss die Möhre also pikobello gerade gewachsen sein oder darf es auch ‚krumme Dinger‘ geben? Es gibt mittlerweile viele großartige Unternehmen und es kommen ständig neue Start-Ups hinzu, die gegen die Verschwendung ankämpfen. Garantiert gibt es auch eine kleine oder große Firma in deiner Nähe, die du unterstützen kannst. Die Liste des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft ist lang; schau mal hier!
Irgendwas übrig und keine Idee, was du daraus kochen kannst? Auch da gibt es wertvolle Hilfe! Zum Beispiel gibst du einfach die Zutat(en) bei beispielweise www.chefkoch.de ein und lässt dir Rezepte vorschlagen. Oder bei Zu gut für die Tonne, wo es heißt: ‚Ran an die Reste: mit kreativen Kochideen für Übriggebliebenes, bereitgestellt unter anderem von Sterneköchen und anderen prominenten Kochpaten.‘ Du kannst entweder direkt einen der vielen Kochpaten auswählen und in den Rezepten stöbern oder auch hier eingeben, was du übrighast: vom Brokkoli-Strunk über schrumpelige Äpfel bis hin zum Möhrengrün. Du kannst dir dafür auch die praktische App herunterladen: Beste-Reste-Rezepte von Sterne- und Hobbyköchen.
Meine Mama hat früher beim Einkaufen auch oft zu Lebensmitteln gegriffen, die bereits das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht hatten und deswegen reduziert waren. Mir war das als Kind unendlich peinlich und ich habe oft die roten Etiketten mit den korrigierten Preisen vom Joghurt etc. gepult, damit es bloß keiner sieht!
Tja – heute kaufe ich auch größtenteils so ein. Ich suche richtig nach diesen Lebensmitteln, die viele nicht haben wollen. Wertschätzung ist das Stichwort. Der Gedanke, dass sowohl das Lebensmittel als auch die Verpackung ‚für nichts‘ in der Tonne landen, ist einfach furchtbar. Furchtbar undankbar, wo wir doch alle wissen, dass es Länder gibt, in denen die Menschen alles für diese Lebensmittel tun würden, weil sie eben nichts haben. Ich sehe mich da als Retterin. Ich kaufe zum Beispiel die einzelnen Bananen, die schon braun sind; ich kaufe Gemüse zum halben Preis, weil es schrumpelig geworden ist, und verarbeite es zuhause schnell. Auch, wenn wir versuchen Müll weitestgehend zu vermeiden, ziehe ich es vor, das verpackte Lebensmittel zu retten, bevor es samt Verpackung entsorgt wird. So hatte es wenigstens noch einen Nutzen.
Lt. Tagesschau werden in der EU jährlich 88 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen – das sind ca. 173kg pro Person!
Dennoch: Containern ist in Deutschland verboten!
Täglich werfen Supermärkte große Mengen unverkaufter Lebensmittel weg – wegen des erreichten Mindesthaltbarkeitsdatums oder Druckstellen. Jedoch sind viele der weggeschmissenen Lebensmittel noch essbar. Wer das Essen aus den Abfallbehältern der Supermärkte nimmt, begeht nach geltendem Recht in Deutschland einen Diebstahl oder Hausfriedensbruch.
Während Deutschland – wie in vielen Bereichen – träge hinterher humpelt, machen andere Europäische Länder es vor, wie es richtig geht. Durch die Initiative einer einzelnen Frau, die zunächst anfing, über Facebook zu zeigen, was man gegen Lebensmittelverschwendung tun kann, konnte Dänemark seine Essensabfälle um mittlerweile 25% reduzieren. Auch die mittlerweile sehr bekannte App ‚Too Good to Go‘ (welche wir auch gerne nutzen) entstand in Dänemark.
Dank eines Einzelkämpfers, der in seiner Studienzeit kaum Geld für Essen hatte und abends in Supermärkten Lebensmittel einsammelte, um sie an Bedürftige zu verteilen, hat Frankreich mittlerweile ein Gesetz gegen die Lebensmittelverschwendung. Dort müssen große Supermärkte nicht verkaufte Lebensmittel spenden, ansonsten drohen 3750 Euro Strafe.
Tschechien lässt sich nicht lumpen und verhängt Strafen von bis zu 390.000 Euro, wenn ein Supermarkt nicht verkaufte Lebensmittel wegschmeißt, anstatt sie an Wohltätigkeitsorganisationen zu spenden.
Deutschland setzt auf die Vernunft. Also zeigen wir es doch, dass es auch ohne Strafen geht, oder?
Lebensmittel retten: das macht auch Katarzyna aus Bremen. Jeden Monat veranstaltet sie ein ‚Restefest – Essen aus der Tonne‘. Wie das aussieht, kannst du in diesem Video sehen!
Lass‘ dich von der so liebenswerten Kasia auf Facebook oder Instagram inspirieren und schau, was man aus vermeintlich ‚abgelaufenen‘ oder ‚ungenießbaren‘ Lebensmitteln wundervolles zaubern kann!
Hier unsere Tipps, um die Verschwendung von Lebensmitteln zu vermeiden:
- Kaufe nur das ein, was du ganz sicher auch verbrauchst
- Plane deine Einkäufe mit Einkaufszettel und vermeide Lustkäufe
- Plane, was du kochen möchtest
- Verbrauche das zuerst, was schon länger bei dir steht (Küchenschränke aufräumen)
- Nutze praktische Apps/Websiten für Kochideen
- Teste doch mal die App ‘too good to go’
- achte auf die richtige Lagerung deiner Lebensmittel
- zu viel gekocht? Iss‘ die Reste am nächsten Tag oder friere sie ein
- nimm‘ eine Dose mit ins Restaurant, falls du dein Essen nicht aufessen kannst und nimm‘ es mit nach Hause
- verschenke nicht gebrauchte Lebensmittel und biete sie online an bei https://foodsharing.de/ oder in Facebook-Gruppen in deiner Umgebung
- Lebensmittel mit erreichtem MHD gründlich prüfen und nicht sofort entsorgen
Hast du noch einen Tipp, was man gegen Lebensmittelverschwendung tun kann? Schreib‘ ihn unbedingt hier unten als Kommentar hinein! Danke, dass du ein Retter bist und Lebensmittel wertschätzt! ?