(Gastbeitrag von Juliane Hoffmann)
Du kennst das vielleicht: Bei der letzten Shopping-Tour war der neue Pulli noch mega schick und du musstest ihn unbedingt kaufen, doch nach einmal Tragen liegt er nur noch im Kleiderschrank.
“Rund 40% des Inhaltes eines durchschnittlichen deutschen Kleiderschrankes wird selten oder nie getragen. Insgesamt besitzt ein Mensch in Deutschland etwa 95 Kleidungsstücke, was doppelt so viel ist wie noch vor 20 Jahren. 1,3 Millionen Tonnen Kleidung schmeißen die Deutschen jedes Jahr in den Müll.“
Die Herstellung
Dabei bedarf das „Wegwerfprodukt“ Kleidung eines aufwendigen Herstellungsprozesses, für den wertvolle Ressourcen verbraucht werden und Giftstoffe in die Umwelt gelangen. Baumwollplantagen benötigen riesige Mengen an Wasser und werden im konventionellen Anbau mit allerlei Pestiziden besprüht, die in die umliegenden Gewässer gelangen und somit auch in unser Trinkwasser. Chemikalien für das Bleichen und Färben werden ungeklärt in die Umwelt gekippt und vergiften Flüsse und Seen. ‚Zusätzlich fließen jährlich 30.000 Tonnen Kunststofffasern ins Abwasser und Meer, die sich beim Waschen von synthetischer Kleidung lösen.‘ Einen riesigen CO2-Ausstoß verursacht außerdem der Transport. ‚Für die Herstellung beispielsweise einer Jeans werden rund 50.000 Kilometer zurückgelegt, da einzelne Bestandteile und Arbeitsschritte quer über den Globus verteilt sind.‘
Der Preis
Leider ist Kleidung für viele Menschen zu einer billigen Massenware geworden, die schnell gekauft wird und nicht lange hält. „Fast Fashion“ ist voll im Trend. Diese Bezeichnung beschreibt eine möglichst schnelle und billige Produktion von Modekollektionen, die darauf ausgelegt ist, dass VerbraucherInnen sich so bald wie möglich etwas Neues kaufen. Alle zwei Wochen bringen Fast-Fashion-Konzerne wie etwa Zara oder H&M eine neue Kollektion raus und locken mit modischen Schnäppchen.
Wer zahlt den wirklichen Preis?
Nicht nur die Umwelt leidet unter dem Massenkonsum, sondern auch die Menschen, die in der Textilindustrie arbeiten. ‚Von einem T-Shirt, für das man in Deutschland fünf Euro bezahlt, verdienen NäherInnen gerade einmal fünf Cent und müssen monatlich mit weniger als 35 Euro auskommen. Arbeitszeiten bis zu 16 Stunden ohne Pause gelten in der Branche als normal. Und da es keine Arbeitsverträge gibt, können die ArbeiterInnen jederzeit entlassen werden.‘ Lies hier mehr dazu.
Wer profitiert?
Konventionelle Modemarken beziehen häufig ihre Produkte aus Fabriken, in denen auch Kinder arbeiten. In Spinnereien, wie etwa in Südindien, arbeiten Minderjährige und junge Frauen täglich 14 Stunden für den westlichen Durst nach billiger Kleidung, wie Quarks hier berichtet. Ihr Lohn reicht nicht einmal aus, um sich selbst davon zu ernähren. Teure Markenkleidung sind von diesen katastrophalen Bedingungen in der Herstellung allerdings nicht ausgenommen. Der Großteil des hohen Kaufpreises geht hier an die Markenfirma und den Einzelhandel.
Als im April 2013 die Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch einstürzte und dabei 1.100 Menschen ums Leben kamen, hatten die schlimmen Arbeitsbedingungen in Billiglohnländern für einen kurzen Moment die Aufmerksamkeit der Welt. Verändert hat sich seitdem kaum etwas. Viele Fast-Fashion-Ketten geben sich in den letzten Jahren größte Mühe, ihr Image zu verbessern und versprechen eine nachhaltige und faire Produktion. Inwieweit sich die Unternehmen tatsächlich für bessere Arbeitsbedingungen und Umweltschutz einsetzen, bleibt häufig offen. Erst die Zertifizierung durch Gütesiegel bestätigt die Einhaltung bestimmter sozialer oder umweltschonender Standards.
Wie du helfen kannst?
Da gibt es natürlich eine ganze Menge an Möglichkeiten. Du solltest aber besonders auf die unabhängigen Siegel achten, da dieser in der Regel strenger und transparenter als die firmeneigenen sind.
Besonders empfehlenswert in der Kategorie Umweltschutz sind die Siegel GOTS, IVN Best und Made in Green. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie die gesamte textile Wertschöpfungskette berücksichtigen. Alle drei verbieten die elf häufig verwendeten, giftigen Substanzgruppen, die durch die Detox-Kampagne von Greenpeace festgelegt wurden. Kleidung, die mit dem IVN-Best-Siegel ausgezeichnet ist, muss sogar aus 100% Naturfasern bestehen und ist deshalb biologisch abbaubar und sehr gut zu recyceln.
Wenn du nach fairer Mode suchst, achte vor allem auf das FairTrade– und das FairWear-Foundation-Siegel. Diese stellen soziale Kriterien in den Fokus, wobei auch ein ökologischer Mindeststandard eingehalten werden muss. Auch bei diesen Kennzeichnungen wird die gesamte Wertschöpfungskette in die Bewertung einbezogen. FairWear setzt sich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und eine gerechte Entlohnung der ArbeitnehmerInnen in der Bekleidungsindustrie ein. Für die FairTrade-Organisation liegt der Fokus hingegen auf den landwirtschaftlichen Kleinbetrieben, die zum Beispiel Baumwolle anpflanzen. Einen guten Überblick über verbreitete Gütesiegel bietet dir siegelklarheit.de.
Nachhaltige und faire Mode zu kaufen ist eine super Sache, aber auch dafür werden wertvolle Ressourcen unserer Erde benötigt. Wie kannst du dich also besonders nachhaltig anziehen?
- Zuallererst: Mach dich frei von Statussymbolen! Du bist ein einzigartiger und wundervoller Mensch und das müssen nicht erst deine Kleidung oder andere materielle Dinge beweisen.
- So wie bei allen anderen Sachen gilt auch bei Kleidung: Benutze erstmal das, was du bereits hast. Das umweltfreundlichste Kleidungsstück ist immer noch das, was gar nicht erst produziert wird. Probiere für deine Outfits doch mal ganz neue Kombinationen aus!
- Sortiere deinen Kleiderschrank und schau, was du wirklich gern anziehst, was repariert werden muss und was du vielleicht verschenken oder verkaufen möchtest. Für die häufigsten Verschlisse gibt es im Internet einfache Reparaturanleitungen zum Nachmachen. Ansonsten wende dich an eine Schneiderei oder Schusterei. Das, was sich nicht mehr für den Second-Hand-Verkauf eignet, kannst du beispielsweise an das DRK oder die Caritas spenden oder schau auf fairwertung.de nach vertrauenswürdigen Altkleider-Containern in deiner Nähe.
- Auch bei Kleidung gibt es natürlich die Möglichkeit, selbst kreativ zu werden. Probiere dich doch mal im Stricken von warmen Wintersocken. Oder besuch einen Nähkurs und kreiere dir eine perfekt auf dich zugeschnittene Hose.
- Kleidung zu leihen hört sich erstmal ungewohnt an. Aber es gibt mittlerweile einige Plattformen, die Abos dafür anbieten, wie zum Beispiel die kleiderei.de. Man erhält regelmäßig Kleiderpakete, die man später wieder zurückschickt oder kaufen kann.
- Hast du schonmal von Kleidertauschbörsen gehört? Du nimmst von zu Hause ein paar deiner ungeliebten Teile mit und tauschst sie gegen solche, die dir richtig gut gefallen. Du kannst auch selbst eine Kleidertauschparty veranstalten und so die alten Schätze deiner Freund*innen entdecken.
- Wenn du etwas Abwechslung brauchst, schau dich nach Second-Hand-Mode um. Mittlerweile gibt es in vielen Städten Läden, die gebrauchte Kleidung in bester Qualität anbieten. Im Internet wird man auf Seiten wie „Kleiderkreisel“, „eBay Kleinanzeigen“, oder „Shpock“ so gut wie immer fündig.
- Muss tatsächlich etwas Neues her, achte auf die oben genannten Gütesiegel. Es gibt immer mehr grüne Concept Stores, die sich auf faire und ökologische Mode spezialisiert haben. Hier findest du eine unvollständige Liste von Geschäften aus ganz Deutschland. Unter den Onlineanbietern empfiehlt der BUND diese.
- Werde aktiv! Nimm an Protestaktionen gegen ausbeutende Textilkonzerne teil und setz dich für öko-faire Uniformen in deiner Stadt ein. Veranstalte deine Kleidertauschparty direkt in der Fußgängerzone, um möglichst viele Menschen zu erreichen. Denn nur zusammen können wir etwas in der Welt bewegen!
Weitere Infos zum Thema Nachhaltige Kleidung:
Auf welche Marken oder Siegel achtest du beim Kauf? Kaufst du lieber neue Kleidung oder auch gebrauchte? Wo kaufst du am Liebsten ein?Wir sind gespannt auf deine Tipps und Gedanken zu diesem Beitrag! 🙂
Und wie sieht’s mit Schuhen aus? Warum Leder kein Naturprodukt ist, erfährst du hier!